Tjutschew-Abend: Eindruck einer Zuschauerin II

„Du, du bist meine Vorsehung auf Erden!“


Immer wieder überraschen mich die Veranstaltungen von MIR, über die erstaunlichsten Verbindungen zwischen Russland und Bayern zu lernen!


Fjodor Tjutschew lebte über 20 Jahre als Attaché der russischen Gesandtschaft in München. Nicht nur, dass er gern gesehener, geistreicher Gast der Salons der Gesellschaft war – er disputierte mit Schelling, war befreundet mit Heine (dessen Werke er als erster ins Russische übersetzte),  auch die bayerischen Schönheiten erlagen dem geistreichen, charmanten Dichter.


Amalie von Lerchenfeld war seine erste Liebe – aus Familienräson gezwungen, einen älteren, wohlhabenden Kollegen Tjutschews – Baron von Krüdener – zu heiraten, blieb sie ihm ein Leben lang gewogen.  Jahre später war sie es, die in St. Petersburg mit Hilfe Puschkins den ‘ russischen Dichter aus  München‘ auch seinen Landsleuten vorstellte.


In München war es, dass Tjutschew heiratete, Eleonore von Peterson, geb. Gräfin Bothmer. Bedauerlich, wenn diese Ehe nach außen glücklich schien – der Dichter sich jedoch einsam fühlte, da Eleonore nicht Russisch sprach.


Welch schicksalhafte Begegnung mit Ernestine von Dörnberg, geborene von Pfeffel! Auf einem Ball von ihrem Gatten Tjutschew für diesen Abend anvertraut, stirbt der Mann kurz danach.  Ernestine wird zunächst Tjutschews Geliebte, erst  nach dem Tod seiner Ehefrau Eleonore können die beiden heiraten. Ganz offenbar war dies eine außergewöhnliche und glückliche Liebe:  Ernestine lernte Russisch, obgleich sie mit ihrem Mann nur Französisch oder Deutsch sprach, sie folgte ihrem Mann nach Russland und fand es dort schöner als in Deutschland, sie verzieh dem Dichter seine außerehelichen Eskapaden und letztlich war sie es, die die verstreuten Werke des Dichters nach seinem Tod sammelte und zu einer Gesamtausgabe führte. Nur so war es möglich, dass Fjodor Tjutschew heute als größter russischer Dichter nach Puschkin verehrt wird.


Was für eine mutige, großzügige, großartige, inspirierende Frau – aus dem kleinen Bayernland!


Wie stimmungsvoll war es, die Gedichte in Russisch und Deutsch zu hören – vorgetragen von den Schauspielern Tatjana Lukina, Karin Wirz und Arthur Galiandin,  wie harmonisch bereicherten die Künstler Olga Agejewa und Swetlana Prandetskaja (Gesang), Christoph Heil (Piano) und Dmitri Tretjak (Gitarre) den Abend mit ihren Liedern.


Dankeschön – es war halt wieder einmal ein typischer, vollkommener „MIR–Abend“!


Astrid Petz

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